Die Mitbewohnerin zieht zum Freund, zurück ins Heimatkaff, hat einen neuen Job, möchte eine eigene Wohnung, findet sich mit 28 zu alt fürs WG Leben, macht ein Auslandssemester, oder was auch immer. Fest steht: Ein/e neue/r Mitbewohner/in muss her, wenn man den Teil der Miete nicht noch mit übernehmen will bzw. kann. Da ich kürzlich in genau dieser Lage war, gibt’s heute einen Guide zur Mitbewohner-, bzw. wie in unserem Fall Mitbewohnerinnen-Suche.

Vorab: Frag deine*n Vermiete*in bzw. schau im Vertrag nach, wie Auszug, Untermiete usw. geregelt sind und kümmere dich rechtzeitig um Vertragsummeldungen (Strom/Gas, Internet, Fernsehen, Versicherungen), die eventuell auf die Person, die auszieht, laufen.

 

Inserat

Egal, ob die Wohnung sowieso total schön ist oder ein bisschen Tricksen nicht schaden kann, schöne Fotos kommen immer gut. Ein passender Filter lässt die Unordnung gleich besser aussehen. Beschreibt die Wohnung und euch als WG so ehrlich wie möglich, man will ja auch jemanden finden, der wirklich dazupasst. Es sollte kein Roman sein, aber Details, wie Putzgewohnheiten, Einstellung zu Partys, Rauchern und Haustieren (Am besten immer behaupten, dass Tiere sowieso streng verboten sind, denn stinkende Katzenkistl oder Hundefutter in der Wohnung gehen gar nicht!) sowie Essgewohnheiten (Vegetarier/Veganer) sollten schon im Vorhinein ausgewiesen sein, damit sich auch nur Leute melden, die diesbezüglich schon mal ins Bild passen.

Nach einem Foto zu fragen, kommt irgendwie komisch, da ist es einfacher das Inserat gleich in eine Facebook Gruppe zu posten. Dann antworten die Bewerber*innen auch von ihrem Facebook Profil aus und du kannst gleich mal das erste Spying betreiben.

Das klingt zwar ein bisschen streberhaft, aber am einfachsten ist es wirklich, für jede Person eine Karteikarte (bzw. einen Blockzettel) anzulegen und darauf Hard Facts, wie Name, Alter, Herkunft, Studium/Beruf und etwaige Besonderheiten zu notieren. In dieser Phase solltest du gleich schon mal rigoros aussortieren, was dir unsympathisch ist, sonst hast du am Ende lauter Leute in deiner Küche sitzen, die du von Vornherein schon mal seltsam findest, weil sie Hula-Hoop-Performerin als Beruf angegeben haben. Nach der Besichtigung kannst du dann deine Eindrücke zu jeder Person auf die Karteikarte schreiben und behältst so immer den Überblick.

 

Besichtigung

Mach nicht zu viele Termine knapp hintereinander am selben Tag aus! Einen ganzen Tag lang Casting zu machen ist im ersten Moment verlockend, weil man alles schnell erledigt hat, aber im Endeffekt, lernt man so keine der Bewerberinnen wirklich kennen und spätestens bei der dritten erzählt man nur mehr mit halb so viel Elan von sich selbst. Ein bisschen zeitaufwendiger, aber sinnvoller ist es höchstens zwei Personen pro Tag einzuladen und genügend Zeit einzuplanen. Und wenn sich’s dann ergibt, dass du mit einem Mädel den ganzen Abend zusammensitzt und eine Flasche Wein leerst, dann kannst du danach auch schon weit ernsthafter beurteilen, ob Zusammenleben in Frage kommt. Allerdings solltest du auch nicht mit jeder einen Saufabend veranstalten, weil du sonst alle so nett findest, dass du dich am Ende gar nicht mehr entscheiden kannst und am liebsten alle Herbergssuchenden aufnehmen würdest.

Sinnvoll ist auch, sich im Vorhinein schon einige Fragen zu überlegen, die einem selbst wichtig sind und über die man die andere Person ein bisschen kennenlernt. Wenn man bei jeder Besichtigung ähnliche Fragen stellt, kann man die Bewerber auch besser miteinander vergleichen.

 

Beispiel Fragenkatalog

- Von wo bist du? (Land- oder Stadtkind, ...)

- Wo gehst du gerne fort? 

- Was ist deine Lieblingsbar? (Wenn er/sie so etwas nicht hat, kannst du das Ganze ja dann gleich abblasen, Stubenhocker braucht keiner.) 

- Was wirst du abends für uns kochen? Was isst du gerne? (Low Carb, Vegan, glutenfrei, laktosefrei usw. beeinflusst den WG Haushalt auf jeden Fall.)

- Beziehungsstatus? (Ob dir eine partywütige One-Night-Stand-Queen oder eine fast-verheiratete-seit-der-Schule-in-einer-Beziehung-Romantikerin lieber ist, musst du selbst wissen.) 

- Für wie lange suchst du eine neue Bleibe? (Wenn sie/er nach 3 Monaten wieder auszieht, fängt das Ganze wieder von vorne an…)

- Was hörst du für Musik? (Playlist-Battles beim Vorglühen sind irgendwie nicht so cool und die Menschen, die darauf mit „eh alles, halt was so im Radio läuft“ antworten, können gleich wieder gehen.)

- Kleidungsstil? Wie schaut‘s mit Sachen ausborgen aus? (Je nachdem, wie du selbst dazu stehst, ist das schon wichtig abzuklären, ob eine Open-Schranktür-Policy herrscht oder die eigenen Sachen heilig sein.)

Neben der persönlichen Ebene sollten auch Details wie Möbel, Höhe der Miete/Kaution/Ablöse, Einziehdatum, Besucherregelungen, Benutzung von gemeinsamen Dingen, wie Waschmaschine, Balkon usw. sofort geklärt werden.

Wenn für dich nach der Besichtigung recht schnell klar ist, dass eine gemeinsame WG Zukunft nicht in Frage kommt, sag der Bewerberin auch zeitnah (vielleicht nicht gleich eine halbe Stunde danach, das ist dann doch etwas hart) Bescheid, damit die Arme nicht auf Nadeln sitzt und sich unnötige Hoffnungen macht. 

Sobald du dich dann für eine zukünftige Mitbewohnerin entschieden hast, frag nach, ob das Interesse umgekehrt auch noch besteht und fixiert gleich einen Termin, an dem ihr euch noch mal zusammensetzt und alles klärt. Wenn du auf Nummer Sicher gehen möchtest, sag der „zweitplatzierten“ Person noch nicht sofort ab, es kann ja immer noch was dazwischenkommen.

  

Einzug

Halte ALLES schriftlich fest! Sie sagt jetzt vielleicht, dass das mit der Kaution in Ordnung geht und dass sie keine Haustiere will und blablabla – schließlich ist sie vielleicht schon ewig verzweifelt auf WG Suche und würde alles sagen, um endlich eine Bleibe zu finden. Was du nicht schwarz auf weiß hast, ist nur heiße Luft, also schließt einen bombenfesten Vertrag ab, der alle Eventualitäten schon im Vorhinein abklärt. Das ist etwas aufwändig, zahlt sich aber aus, wenn man beim Auszug dann dasteht und nicht mehr weiß, wer jetzt den Esstisch bezahlt hat und wem der Toaster gehört.

Wenn das alles geklärt ist, bleibt nur noch die Organisation einer gebührenden WG 2.0 Einweihungsparty. Spätestens nach dieser seid ihr bestimmt die besten Freunde.

Mehr zum Thema
 
Freizeit, 1.2.24