U-Bahnhaltestellen können trist sein. Wenn du dich aber mal ein bisschen umsiehst, statt nur auf das Display deines Smartphones oder die Minuten auf der Anzeigetafel zu starren, findest du vielleicht das eine oder andere unerwartete Kunstwerk. Diese Wiener Linien werden von Kunst begleitet.

 

Kunst Kebab: Exploring Food & Art In Social Space

2.-16. Dezember 2017, Museumsquartier U2 Passage

Die temporäre Ausstellung von 13 internationalen Künstlern findet im Kebab Restaurant der Museumsquartier-Passage statt. Die türkischen Inhaber stellen zwei Wochen lang ihr Lokal für verschiedenste Kunstprojekte zur Verfügung. Alle Fotografien, Bilder, Installationen, Videos und Perfomances beschäftigen sich mit der Rolle des Essens in der modernen Kunst. Die Kuratoren möchten auf diese Weise, neue spannende Räume für die Kunst erschließen. Ein Kebab-Restaurant in einer U-Bahn-Station zu einem Ausstellungsraumm zu machen, war eine Herausforderung, bietet aber zugleich interessante neue Kontexte. 

 

Wandinstallation von Peter Kogler

Karlsplatz, Aufgang U2

siehe Headerbild

Der Karlsplatz ist die einzige Haltestelle in Wien, an der drei U-Bahn-Linien zusammenlaufen. Viel Verkehr und viel Technik also. An den Wänden des U2-Aufgangs wird das Innenleben einer Untergrundbahn abstrahiert. Öffentlicher Nahverkehr bildet ein komplexes Netz, das wir von außen nicht immer einsehen können – genau wie die Struktur der Röhren in Peter Koglers computergeneriertem Motiv.

 

„Ca. 55 Schritte durch Europa“ von Adolf Frohner

Westbahnhof, Verbindungspassage U3-U6

55 Schritte ist wohl jeder schon durch die Westbahnhofpassage gegangen, seit 1993 mit Kunstbegleitung. Allgegenwärtiges Diskussionsthema war damals der EU-Beitritt Österreichs, daher verarbeitete Frohner für sein, knapp 40 Meter langes Fries die Menschheitsgeschichte aus europäischer Sicht – von urzeitlicher Natur und Höhlenmalerei über das Römische Weltreich und Kreuzzüge hin zur Rationalität der Moderne in Form einer perfekten Kugel. Fraglich bleibt, ob der bereits verstorbene Frohner gewollt hätte, dass sein Werk mit einem Glasgeländer verunstaltet wird. 

 

„Gesichtsüberwachungsschnecken“ von Yves Netzhammer

Altes Landgut U1

Die U-Bahn ist ein Sammelsurium tausender Gesichter, die sich täglich ansehen und doch nicht kennen. Zur U1-Erweiterung ehrte Yves Netzhammer eben diese vielen Gesichter des 10. Bezirks mit seiner Installation in der, erst dieses Jahr eröffneten, Station. Durch die filigranen Einzelteile wirkt sich die Überwachungskritik eher in seiner Subtilität nachhaltig aus. Und die Details sind so versteckt, dass man jeden Tag auf dem Weg zur U-Bahn wieder neue entdecken will. Zum Beispiel die Augenbrauenschnecken. 

 

„Das Werden der Natur“ von Anton Lehmden

Volkstheater U3

Die Haltestelle Volkstheater an den Gleisen der U3 ist an sich schon monumental, was vor allem dem, nach oben sehr offenen, Raum geschuldet ist. Das 360 Quadratmeter große Mosaik von Anton Lehmen tut sein übriges, diesen auch noch inhaltlich aufzuladen. Der Urknall und die Entstehung der Erde sind universelle Themen, die sich durch die vier Millionen Mosaiksteine umso bedeutungsvoller präsentieren. Nach Ottakring oder Simmering – wohin wächst das Universum?

 

„Planet der Pendler mit den 3 Zeitmonden“ von Kurt Hofstetter

Landstraße U3

Dieses Kunstwerk ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen, doch umso interessanter für die Wartezeit. In einer permanenten Live-Videoinstallation wird eine Stelle des Verbindungsgangs zwischen S- und U-Bahn auf einem Bildschirm an der U4 übertragen. Mit „Planet der Pendler“ hebt Hofstetter Reisende aus ihrem Kontext, sozusagen in einen extraterrestrischen Untergrund. Während du selbst unterwegs bist, beobachtest du Menschen auf einem Stück ihres täglichen Weges. Hoffentlich kommt der nächste Zug erst später, damit du darüber noch ein bisschen nachdenken kannst. 

 

„ohne Titel“ von Heimo Zobernig

Laurenzgasse 1, 62, Badener Bahn

Wer an die Straßenbahnstationen des 5. Bezirks denkt, denkt an rot-weiße Fliesenmuster. Wer an Efeu denkt, denkt an Pflanzen, die an Hausmauern nach oben ranken. In den Untergrund verlegt, heruntergebrochen auf Pixelstruktur und als sattgrünes Fliesenmosaik verlegt, bringt Heimo Zobernig weitere Ebenen in dieses Narrativ – mit Sicherheit eines der sehenswertesten, weil vielschichtigsten Kunstwerke in Wiens Untergrund. 

 

Header und Vorschaubild: Kunstwerk Karlsplatz-Zwischengeschoß von Peter Kogler, Fotocredits: Manfred Helmer

 

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