Jede*r hat sie heutzutage schon einmal gehabt oder zumindest jemanden gekannt, der sie hat. Sehr oft durch Dating-Apps wie Tinder herbeigeführt, ist sie ungewiss, macht oft Angst und unsicher, bringt vielleicht die ein oder anderen schönen Momente, ist letztendlich aber doch was mit Ablaufdatum: Die Rede ist von Somethingships.
Also unklare beziehungsähnliche Verbindungen die man mit einer Person eingeht, ohne zu wissen, was genau es eigentlich ist oder werden könnte. Sie sind leicht und ohne Zwang. Genau das macht sie aber wiederum doch nicht so leicht und zwanglos. Zumindest, sobald Gefühle ins Spiel kommen.
Neben Studien- und Arbeitsleben hat auch unser Privatleben an Fahrt aufgenommen.
Wir leben in einer hyperhektischen Welt, die sich gefühlt immer schneller und schneller dreht. Neben Studien- und Arbeitsleben hat auch unser Privatleben an Fahrt aufgenommen. Wir sind auf der Suche nach immer besseren, immer effizienteren, immer aufregenderen und schließlich oft auch nicht zufriedenstellenden Verbindungen. Warum das so ist?
Weil wir praktisch verlernt haben, Dinge langsam anzugehen. Ihnen Zeit zu geben, sich zu entwickeln. Wir lassen Mitmenschen nicht ihre Fehler machen und verzeihen das ein oder andere nicht. Sobald das geringste Anzeichen von failure besteht, lassen wir los und sind bereits auf der Suche nach dem nächsten Etwas.
Haben wir letztendlich nur Angst, uns auf etwas „Richtiges“ (was auch immer das sein mag, sei hier dahingestellt) einzulassen oder sind wir nur so abgebrüht, so selbstverliebt, so müde von dem ganzen GEN Y-Dating geworden, dass wir schlichtweg nichts mehr riskieren wollen oder gar können, mit der fear of missing out als steten Begleiter?
It is what it is?
Mal ehrlich: Wer hat heutzutage in seinen 20igern noch nicht Tinder versucht? Praktisch jede*r kennt es und hat es auch das ein oder andere Mal getestet – falls nicht, zumindest bei Freund*innen mal mitgeswiped. Mehr oder minder erfolgreich. Zu oft hört man im Freundes- und Bekanntenkreis die Story über etwas, das sich im Beziehungs-Fach-Jargon „Somethingship“ nennt.
Somethingships zeichnen eine Situation aus, die man ganz oberflächlich als Beziehung definieren könnte...
Somethingships zeichnen eine Situation aus, die man ganz oberflächlich als Beziehung definieren könnte, die eigentlich keine ist: Man unternimmt Sachen zusammen, mag sich, sieht sich regelmäßig, schläft miteinander, stellt sich vielleicht sogar Freund*innen vor. Der einzige Unterschied ist: Es ist (vielleicht) nicht exklusiv, niemand ist sich Rechenschaft schuldig, keiner weiß eigentlich was überhaupt abgeht. Das Commitment fehlt.
Ob darüber gesprochen werden will oder besser weggeschwiegen wird, ist variabel. Vielleicht sind Gefühle im Spiel, vielleicht teilt man sich das auch mit, aber klar ist meist: Es läuft (sehr wahrscheinlich) auf nichts Ernstes hinaus.
Warum gehen wir aber solche Verbindungen nur zu „gerne“ ein?
Es ist einfach, sich auf nichts festlegen zu müssen. Wird mir jemand oder etwas zu viel, steige ich aus und drücke ganz einfach metaphorisch den „reset“-Button. Schließlich wollen wir uns gar nicht mit solchen Dingen befassen, hat doch das Leben vielleicht noch ganz anderes für uns zu bieten. Die Sache ist doch die: Es ist so easy, nur oberflächliche Bekanntschaften einzugehen, sich nicht allzu viel Mühe zu machen, jemanden tatsächlich kennenzulernen.
Ich spreche von Arbeit auch mit einem/einer selbst: Lasse ich es überhaupt zu, jemanden an mich heranzulassen?
Das bedeutet nämlich Arbeit und vor allem Vertrauen, letztendlich vielleicht auch Commitment, wenn es passt. Und nein, ich spreche nicht von „Arbeit“, weil man es sich oft mit dem Gegenüber hinbasteln müsste; falls es so ist, soll man es wirklich lieber gleich lassen. Ich spreche von Arbeit auch mit einem/einer selbst: Lasse ich es überhaupt zu, jemanden an mich heranzulassen? Wenn nicht, werden wir an allen Leuten, die daherkommen etwas auszusetzen haben oder schlichtweg nicht „die richtige Person“ finden, da es sie nicht gibt.
Wie können wir das ändern?
Nichts ist zu 100% auf uns zugeschnitten, dafür gibt es jedoch Kompromisse. Denn gehe ich mit einer Intention in eine Sache, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich diese Sache so entwickelt, wie eben mein Mindset dahinter ist. Denke ich oder bin ich gar davon überzeugt, dass etwas positiv verlaufen wird, ist es umso wahrscheinlicher, dass es wirklich so eintrifft. „Selbsterfüllende Prophezeiung“ nennt man diese Theorie in der Psychologie. Menschen glauben nämlich an die Vorhersage und tun unbewusst alles, damit diese eintrifft. Ergo kommt es zu einer Rückkoppelung zwischen Erwartung und Verhalten.
Ein wahnsinnig spannendes Thema, das Ganze. Nun aber wieder zurück zur eigentlichen Sache: Lasse ich also von Beginn an zu, jemanden tatsächlich kennenzulernen, ihn also, wie man so schön sagt, „in das eigene Herz zu lassen“, dann ist das Ergebnis daraus sicherlich ein anderes, als das, jenes Menschen, der bereits vorab (vielleicht auch nur unbewusst) weiß oder nicht weiß, dass er eigentlich keine tiefere Verbindung eingehen will oder kann.
Was ich damit sagen will? Dass es eigentlich fast keine Rolle spielt, wie sehr man sich auch als Gegenüber bemüht. Das soll natürlich kein Aufruf dazu sein, einfach irgendjemanden zu daten, Hauptsache nicht allein – ganz und gar nicht! Nein, natürlich muss auch die Basis stimmen. Aber wenn sie gegeben ist, sind es wir selbst, die entscheiden können.
Entscheiden, ob wir es wollen, jenen einen Menschen wirklich in unser Innerstes zu lassen. Ihm unsere Gefühle Preis zu geben.
Entscheiden, ob wir es wollen, jenen einen Menschen wirklich in unser Innerstes zu lassen. Ihm unsere Gefühle Preis zu geben. Das ist bestimmt nicht leicht, keine Frage – es erfordert sogar sehr viel Mut. Überhaupt, wenn man womöglich schon des öfteren verletzt worden ist. Aber macht man es nicht, läuft man entweder Gefahr, es nie versucht zu haben oder es schlichtweg nicht (mehr) zu können, obwohl man sich vielleicht doch danach sehnt.
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