An Stadtentwicklung interessierte Wiener*innen sieht man regelmäßig in die Seestadt pilgern, wer jedoch die OG-Satellitenstadt erleben möchte, sollte sich auch einmal in den fernen 23. Bezirk zu den Alterlaa-Bauten vorwagen.
Das Schönste: der Fernblick von den Dächern der Bauten
Das Schirchste: im Windkanal komplett die Kontrolle über Haare und Ohren zu verlieren
Das Skurrilste: neugierige Füchse bei Nacht im Wohnpark anzutreffen
Das musst du probiert haben: mit alteingesessenen „Alterlaa-nern“ tratschen
An die 10.000 Menschen wohnen im Wohnpark Alterlaa, einer faszinierenden Stadt in der Stadt, die von dem Architekt Harry Glück in den Hochzeiten des Wohlfahrtsstaates als gestapeltes Einfamilienhaus designed wurde. Die von 1973 bis 1985 erbaute Wohnanlage beherbergt einen eigenen Kaufpark, Dachbäder, Parkgaragen, Kindergärten, Schulen, Arztpraxen, Restaurants, eine ausgeprägte Vereinskultur, Sporthallen und eine grüne Mitte mit etlichen Spielplätzen. In der autofreien Zone ist alles fußwegig erreichbar. Die Türme der Bauten reichen 23 bis 27 stolze Stockwerke in den Himmel. Ihre ikonische Kulisse ist von sämtlichen Aussichtspunkten Wiens sichtbar.
Und das Wohnkonzept funktioniert! Wer in Alterlaa aufgewachsen ist, möchte die ausgeklügelte Infrastruktur nicht mehr missen und kehrt oft im späteren Leben nochmal in den Wohnpark zurück. „Du und ich für immer in den Sternen von Alterlaa“, singt auch Michael Marco Fitzthum von Wanda in seiner Single über Alterlaa. Für den Frontman der Kultband war es klar, einmal einen Song über jenen mystischen Außenposten Wiens zu schreiben.
Als Besucher*in bimmelt man mit der berühmt-berüchtigten U6 nicht bis fast zur Endstation, um den besten Kaffee oder das hippeste Lokal auszuprobieren, sondern um sich ein urbanes Grätzl abseits der Touristen- und Man-Bun-Pfade anzusehen bzw. sich auf eine Zeitreise in die 70er Jahre zu begeben. Welche Sterne Alterlaa tatsächlich zu bieten hat, erfahrt ihr hier…
Zeitreise in die 70er Jahre: Ein Spaziergang durch den Wohnpark
Über die Ästhetik des 70er-Jahre-Stils lässt sich streiten, eindrucksvoll ist das in sich stringente Konzept von Alterlaa aber allemal. Die Ostblock-angehauchte Außenarchitektur der Wohnblöcke spiegelt sich in der farblich dazu passenden U-Bahn-Station mit den Rundfenstern genauso wider, wie im Holz-Look des Innenraums der Kirche und den braunen Wohnungstüren, die sich durch alle Parteien und Stockwerke ziehen. Nach dem Ausstieg bei der Station Alterlaa findet man seinen Weg durch den Kaufpark und eine anschließende Unterführung zu der begrünten Mitte zwischen den Bauten.
Hier kann man die etwas bizarre Kirche in Oktogon-Form begutachten, nach seinem Lieblings-Balkongarten Ausschau halten und sich aufgrund des Windkanals einmal so richtig durchpusten lassen. Es soll mitunter schon passiert sein, dass Kinder durch eine besonders krasse Böe ein paar Millimeter vom Boden abgehoben sind (Vorsicht alternative facts). Des Nächtens kann man im Wohnpark zudem Bekanntschaft mit den hauseigenen Füchsen machen, die sich stellenweise bis auf einen Meter nähern, und das in Wien.
Ein eindrucksvoller Blick vom Dachbad auf Wien
Wer Alterlaa aus der Insiderperspektive kennen lernen möchte, sollte über ein kleines bisschen Geduld und Charme verfügen. Spricht man die Einwohner*innen vor den Blöcken höflich und neugierig an, kann dabei schon mal eine kleine Tour auf den höchsten Punkt der Bauten rausspringen. Bei der Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitsaufzug in das 27. Stockwerk müssen sensible Personen mitunter ihr Repertoire an Druckausgleichsmethoden hervorholen. Den eindrucksvollen Blick von der Dachterrasse mit dazugehörigen Dachbad sollte man sich aber wirklich nicht entgehen lassen. Besonders bei Nacht hat es hier einen futuristischen Vibe.
Ein Sportparadies
Über 30 Vereine sind in den Alterlaabauten untergebracht. Ob Tennis, Pfadfinder, Bridge, Handarbeit oder Briefmarkensammeln … hier findet jede*r Bewohner*in seine Sparte. Derzeit ist besonders das Padel-Spielen in aller Munde, welches man als Anfänger*in leicht erlernen kann.
Bei der Mischung aus Tennis und Squash wird auf kleinen Feldern mit kurzen Schlägern ohne Bespannung gespielt. Super spaßig! Im Padeldome kann man mit Freunden zusammenzulegen und sich um 24€ oder 32€ die Stunde (je nachdem ob man zur Haupt- oder Nebenzeit bucht) einen Slot sichern. Auch zum Fußball- oder Basketballspielen lohnt es sich nach Alterlaa zu fahren. Zwischen dem B- und C-Block befindet sich ein Outdoor Basketball- und Fußball-Platz, um den man sich im Gegensatz zu vielen innerstädtischen Sportplätzen nicht schon um sieben in der Früh streiten muss.
Padeldome: Anton-Baumgartner-Straße 40, 1230 Wien, Zugang über FITINN
Flanieren und Radeln an der Liesing
Am Liesing-Bach – der dem 23. Bezirk seinen Namen geschenkt hat – lässt es sich herrlich entlangschlendern und die grüne Umgebung genießen. Von der U-Bahnstation Alterlaa wendet man sich auf der Wohnparkstraße nach Norden und landet ein paar Minuten später direkt beim Bach. Hier kann man es auch den Teenies der Umgebung nachmachen und im kühlen Schatten unter den Liesing-Brücken chillen und trifft dabei schon mal auf einen Biber oder Reiher.
Mit Kindern und/oder Fahrrad im Schlepptau lässt es sich viele Spielplätze erkunden oder nach erlebten Alterlaa-Abenteuern auf dem Liesingbach-Radweg weiter radeln. Vom Wohnpark führt der Radweg gut markiert über Inzersdorf, Oberlaa und Unterlaa nach Kledering. Wer möchte kann auch die Tour bis zum Zentralfriedhof oder nach Laxenburg wählen.
Hausgemachte Mehlspeisen in Landtmann's Original Café & Tortenshop
Anton Baumgartner Straße 40, 1230 Wien
Täglich geöffnet von 9 -18 Uhr (auch an Sonn- und Feiertagen!)
Während die Ringstraße das Wiener Urgestein in Form des Café Landtmann hat, beherbergt Alterlaa die dazugehörige Fabrik und die jüngere Schwester: den Landtmann's Original Café & Tortenshop. Die im Einkaufszentrum nebenan gelegene Filiale ist unerwartet gemütlich und urig eingerichtet und verfügt zudem über ein Sonnendeck, das durch die Begrünung vom Parkplatz abgeschirmt ist und zum Verweilen einlädt. Zum Essen gibt es hausgemachte Torten, Schnitten und Kuchen, mittlerweile auch in veganer, laktose- oder glutenfreier Ausführung. Abholung oder Bestellung ist auch möglich. Das berühmte Landtmann´sche Erdbeer-Stanitzel ist relativ costoso aber geil! Auch das Schokomousse-Törtchen, die Trüffel-Torte und die Maroni-Blüte können sich sehen lassen. Vor der Vitrine empfiehlt es sich einfach die Augen wandern und den Magen sprechen zu lassen, die Auswahl ist groß.
Den kultigen „Papier zum Hahn“ besuchen
Kaufpark Alterlaa, Anton Baumgartner Str. 44 TOP 15C, 1230 Wien
Den liebevoll als „Papierhahn“ bezeichneten Nahversorger für Papier und Büroartikel gibt es bereits seit über 40 Jahren und er ist für die Kinder der benachbarten Volksschulen seit jeher nicht wegzudenken. Wer Lust und Zeit hat kann sich durch die Gänge des Geschäfts wühlen und nach „originellen Geschenken“ suchen oder Kinder dabei beobachten, wie sie ihr mühsam gespartes Taschengeld für Bastelzeug, Fidget Spinner und Push Pops aus dem Fenster hauen – früher haben sich die Diddl-Blatt-Dealerinnen der Umgebung im Papierhahn mit Stoff versorgt. Es ist auf jeden Fall erfrischend neben großen Ketten auch mal in einem Einzel-Papier-Fachgeschäft zu strawanzen. Justament als wir das Aushängeschild des Papierhahns fotografieren wollen, werden wir von einer Pensionistin angequatscht, die uns ohne Zutun berichtet, dass sie zwar früher im 9. Bezirk gewohnt habe aber nun nirgendwo anders mehr leben wollen würde als in Alterlaa. Durchaus stolz sind die Alteingesessenen also auf ihr grünes Wohnkonzept, welches von manch anderen Wiener*innen im Vorbeigehen oft eher als primär hässlich eingeordnet wird.
Bio-Shopping und Plaudern am Markt (nur Freitags)
Gegenüber der Bank Austria im Kaufpark findet jeden Freitag von 9:00 – 15:00 ein kleiner Markt statt. Der Stand Arge Rossauerwald, der etwa auch am Yyppen- und Karmelitermarkt vertreten ist, bietet Saisonales aus der Umgebung an: frisches Brot, Obst, Gemüse, Käse und Fleisch. Die Geschäftspartner*innen von Arge Rossauerwald setzen sich zu 90% aus zertifizierten kleine Biobäuer*innen zusammen. Am Stand sind Vermarkter Thomas Anderl und seine Kolleg*innen zudem immer wieder für ein kleines Quatscherl zu haben. Inmitten des Wohnparks kann man also qualitativ hochwertige Nahversorgung und Gesprächstherapie zugleich finden.
Ein stabiler Döner bei Alaturka
Anton-Baumgartner-Straße 121, 1230 Wien
Auf die Frage nach DEM perfekten Döner lautete die Antwort eines Freundes: „Fleisch, Salat, Zwiebel, Tomaten, Gurken und eine gute Joghurtsoße, das ganze andere Hipster-Heckmeck brauche ich nicht!“. Wer mit dieser Aussage d´accord geht, ist beim Alaturka neben der U-Bahnstation Alterlaa an der richtigen Adresse. Ohne viel Firlefanz wird hier ein stabiler Döner zubereitet, bei dem die Liesinger von Schöpfwerk bis Siebenhirten regelmäßig Schlange stehen um sich ihr „Alles und scharf“ zu bestellen. Das Fladenbrot für den Kebab ist hausgemacht, innen warm und weich und außen knusprig. Neben Döner und Dürum mit Lamm, Huhn oder Falafel gibt es auch Pizzaschnitten, Pide und Schnitzel.
Einmal einen Interspar gönnen
Anton-Baumgartner-Straße 40, 1230 Wien
Wer möchte kann kurz vor der Heimfahrt mit der U6 noch ein ausgiebiges „Shopping“ beim Interspar in der Anton-Baumgartner-Straße (neben dem Landtmann) betreiben. Städter sind bekanntlich ab und an mal ausgehungert nach großen Supermärkten, in denen man alles und nichts finden kann. Gerade der Interspar hat immer gute Angebote für Geschirr, Kochutensilien und CO. Wenn man schon einmal im fernen 23. Bezirk ist!
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