1. Das Leugnen
Tag 1: Der Wecker klingelt, du drückst erst mal auf Snooze, sofort dämmerst du wieder weg. Noch ist alles gut. Beim zweiten Klingeln bist du endgültig wach und baaam schlägt dir erst mal die Realität mit voller Wucht ins Gesicht.
Am Weg ins Bad wird dir klar, dass das der längste Weg ist, den du heute zurücklegen wirst, aber das kann doch gar nicht sein. Draußen strahlt die Sonne mit geballter Kraft, was für ein schöner Frühlingsmorgen.
Das muss alles ein Irrtum sein, das ist alles nicht wahr. Noch klingt Homeoffice entspannt und sogar ein bisschen exotisch. Und du bist dir eh sicher, dass du bald wieder in deinem echten Büro oder im Seminarraum sitzen wirst - im Grunde ja auch irgendwie dein zweites zuhause. Was deine Arbeitskollrg*innen wohl gerade machen? Und die beste Freundin? Oh ein Whatsapp Gruppencall – nice! Wie praktisch, dass die Couch so nah ist.
2. Der Zorn
Der Rücken schmerzt vom Sitzen, der Bauch von all den Snacks, das Gewissen wird immer schlechter – ebenfalls aufgrund der Snacks. Die Arbeit häuft sich dagegen, weil du die Zeit mit unnötigen Apps und Gedanken, anstatt mit produktiven Höhenflügen verbringst. Die Erinnerungen an die letzte Partynacht verblassen immer mehr, sogar das sonst so resistente Glitzer ist plötzlich aus deiner Wohnung verschwunden.
Reisen fühlt sich an wie eine Erinnerung an eine längst vergangene Zeit und der Besuch in der Lieblingspizzeria ist auf unbestimmte Zeit abgesagt. Wenn dann plötzlich auch noch die letzte Weinflasche ungeplant leer ist, wird er ganz langsam zu Brodeln beginnen. Und bald wird er dich unaufhaltsam einnehmen, der Zorn. Dann brauchst du erst mal frische Luft, zum Beispiel am Balkon. Beim Rausstürmen schreist du noch: „Ach zur Hölle, immer ist diese verdammte Couch im Weg!“
3. Das Verhandeln
Wenn die unausweichliche, unaufhaltbare Wut erst mal ein wenig verraucht ist, schleicht sich die Hoffnung wieder ein. Fast so leise wie die ersten Frühlingsblumen, die im Wienerwald gerade aus dem Boden sprießen, kommen die guten, sinnvollen Gedanken zurück. Du beginnst wieder mit dem Home-Work-Out, kramst die eingestaubte Yoga-DVD hervor und probierst dich an selbstgemachten Bärlauch-Basilikum-Gnocchi.
Du hängst Fotos auf, machst Frühjahrsputz und lädst klassiche Literatur aufs Kindle. Die Pläne, wie du die Zeit möglichst gut nutzen kannst werden länger, und du bist dir auf einmal sicher, dass das Ganze auch eine Chance sein kann, wenn du es nur richtig angehst. Der Standard-Live-Ticker ist dein treuester Begleiter in dieser Phase – du musst ja immerhin up-to-date bleiben, damit du möglist effektiv planen & das Beste aus der Situation machen kannst.
4. Die Depression
Trotz der vielen Energie (oder vielleicht gerade deshalb) in der Verhandlungs-Phase, wird der Zeitpunkt kommen, an dem dein Frühstückskaffee dann plötzlich nicht mehr espressobraun sondern einfach nur mehr tiefschwarz aussieht. Dann wird die Jogginghose nicht mehr gemütlich sein, sondern bloß noch ranzig. Dein Lieblingsgericht wird dir kein Lächeln mehr auf die Lippen zaubern, sondern dich halt einfach sättigen. Und der Spaziergang im Freien wird dir, statt dem bisherigen Freiheitsgefühl, einfach noch mehr bewusst machen, dass du de facto eingesperrt bist. Dann werden die Gruppen-Videochats zum Sehnsuchtspool und dir fallen nur mehr Dinge auf und ein, die dich noch mehr runterziehen. Du wirst dich fragen wieso das alles? Und warum passiert das ausgerechnet mir? Vergiss dann nicht – du bist nicht alleine. Wir sitzen alle im selben Boot und es ist okay auch einen Tag einfach mal auf deiner Couch zu verbringen.
5. Die Akzeptanz
Die letzte Phase der Trauer (momentan nur in meiner Vorstellung) male ich mir in etwa so aus: Dass du nicht raus kannst, ist jetzt einfach ein Fakt. Wir wissen eh alle, dass die Maßnahmen sinnvoll sind und wir alle dazu beitragen möchten. Du hast jetzt ein Kompromissoutfit fürs Homeoffice gefunden: z.B Jogginghose mit Poloshirt, oder Jeans mit Hoodie. Deine Laune ist stabil und du findest dich langsam mit dieser bizarren Situation ab. Was trotzdem immer wächst ist die Vorfreude auf die Zeit nach der Quarantäne. Nimm dir genug Zeit für richtig schöne Nach-Krisen-Zeit-Planung. Sie wird schneller da sein, als du denkst & dann wirst du erst mal keine Zeit mehr für deine Couch haben.
Oder wie es das Ostlicht interpretiert:
Es geht uns wohl allen ähnlich, trotzdem solltest du in dieser Zeit besonders auf deine psychische Gesundheit achten - #mindfulness und so. Hier 13 Tipps, wie das gelingt.