Die Wiener Stadthalle am Freitagnachmittag. In Halle F läuft „Dirty Dancing – das Musical“, in Halle D „La Donna – die Messe für die Frau“. Eintritt sind 15 Euro, die zahlt frau, um dann noch mehr Geld ausgeben zu dürfen. Das Musical würd zwar thematisch passen, ist aber nicht im Preis inkludiert.

 

„Na guat das des Chili ned schoaf is, denn schoaf bin i selber“

Die Messehalle ist proppenvoll, viele Mütter mit erwachsenen Töchtern (alle mit den gleichen Korkenzieherlocken – später entdecke auch ich den Stand mit dem Lockenwunderstab), Frauengruppen aus der Vorstadt mit frechen Kurzhaarschnitten, die meisten Ü40. Aber auch jüngere Mädels sind gekommen, um das ein oder andere Gratissackerl abzustauben.

Doch gratis gibt es außer Prospekten nicht viel. Ganz hinten im Eck verteilen die beiden schönsten Männer der Messe Chili con Carne. Vor ihnen stehen zwei Damen mittleren Alters, die offensichtlich gerade vom Botoxstand kommen: „Na guat das des Chili ned schoaf is, denn schoaf bin i selber“, sagt die eine der beiden und streicht dem Herrn hinterm Stand verführerisch über den Bart. Der lächelt gequält und greift nach seinem Saftglas, das verdächtig nach Prosecco aussieht. 

Auf der La Donna ist alles möglich. „Frau“ ist ein weiter Begriff (so dachte ich), der hier auf ein sehr einfaches Maß heruntergebrochen wird: Frauen lieben Mode und Accessoires mit viel Bling-Bling, sie möchten schön sein und wissen, was die Zukunft bringt. Das Leben kann so einfach sein: Erst ein kurzes Gespräch mit der toten Oma, dann lässt du dir live das Hühnerauge entfernen. Wir sind ja unter uns. 

 

Die Transengruppe: Die geschmackvollsten Frauen der Messe

Bei meiner ersten Runde verliere ich vollkommen die Orientierung, gerate in Panik und klammere mich an die freundliche Chinesin, die mir gerade ungefragt die Gesichtshaare entfernt. Bevor mein Gesicht knallrot wird, kaufe ich ihr das Gerät ab. 12 Euro statt regulären 15. Damit seien gerade mal die Produktionskosten gedeckt, versichert sie mir. Auf der Bühne läuft gerade eine Modenschau. Neben mir steht der nächste Programmpunkt,  vier aufgedonnerte Transen, die über die Mode und Models auf der Bühne lästern. 

Ich würde gerne noch etwas bei ihnen bleiben, aber an der Haiti-Bar gibt es Cocktails um 4,80 Euro. Die Stimmung vor und hinter der Bar ist aufgekratzt: Die Standler und Barmänner sind seit drei Tagen in der Stadthalle gefangen, die Besucherinnen im Prosecco-geschwängerten Shoppingwahn. Überall lauern die Verkäufer. Ein kurzer unaufmerksamer Moment und schon schmiert mir ein junger Israeli die Hände mit Salz aus seiner Heimat ein. Er zeigt mir stolz die braune Lacke Messedreck, die er mir von der Haut rubbelt und verkauft mir die ganze Packung um 35 Euro. Der Tätowierer ist zum Glück gerade beschäftigt, wer weiß, wozu er mich heute noch gebracht hätte… Iris, die mich ein wenig an Eminems Mutter aus dem Trailerpark erinnert, lässt ihre bunten Federn am Oberarm nur nachstechen. Sie kennt den Tätowierer schon, andere nutzen hier einfach die tolle Chance endlich einen Termin zu bekommen. 

Ich muss hier raus. Vorbei am grünen Bundesheerstand "Frauen beim Heer", der von den meisten Besucherinnen ignoriert wird (vermutlich zu gut getarnt) und ausgerechnet genau gegenüber der "Dildoparty" positioniert ist. Beim Ausgang begegne ich einem Plüschstern auf Beinen. Es ist ziemlich heiß in der Halle. Ich tätschle einen seiner pelzigen Zacken und frage ihn ob er unter dem Kostüm nackt sei. Er hebt die Daumen in Höhe. Ich werte das als ein Ja und verlasse schwer traumatisiert die La Donna.

 

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