Jeder hat eine Meinung zu Aspern, aber die wenigsten waren schon dort. Also bevor du das nächste Mal über die Seestadt lästerst (oder auch nur die Augen verdrehst), fahr erst einmal hin. Dann hast du auch stichfeste Argumente, um deine tiefe Abneigung gegen transdanubische Retortenstädte auch zu begründen – oder fängst instantly an deinen Umzug zu planen. 

Die U2 braucht vom Praterstern bis zur Seestadt 19 Minuten, die dir garantiert schneller vorkommen, da du ab der Krieau aus dem Fenster schauen kannst. Bei den vorbeiziehenden Wohnvierteln fühlst du dich vermutlich erst einmal bestätigt und verfluchst Goodnight.at, die diesen depperten Vorschlag hatten. 

 

Der See

In der Seestadt angekommen, verfluchst du dann eher die Jahreszeit, denn am liebsten würdest du dir die Kleider vom Leib reißen und eine Runde in dem herrlich-türkisfarbenen See schwimmen. Spielt sich leider aktuell eher nicht. Dafür kannst du die Kois beobachten, die vermutlich einfach ziemlich große Goldfische sind. Auch der Skatepark unter der U-Bahn-Brücke ist so cool, dass du schon bei der Anreise einige Skater triffst, die extra hierher kommen. Auf jeden Fall ein toller Platz für die Kinder der Seestadt, um den ersten Joint zu rauchen. 

Passend zum Motto empfehlen wir dir, auf dem Janis-Joplin-Rundwanderweg einmal um den See zu spazieren. Dauert ebenfalls rund 20 Minuten. 

 

Die Stadt

Spaziert man die Sonnenallee hinein ins Stadtzentrum, fühlt man sich wie in einer Filmkulisse, in einem Freizeitpark oder in der Truman Show. Zwar wurden die Häuser von unterschiedlichen Architekten designt, trotzdem wurden sie offenbar farblich aufeinander abgestimmt und alle zur selben Zeit fertiggestellt. Eine seltsam künstliche Atmosphäre – irgendwo zwischen Utopie und Horrorfilm.

Trotzdem gefallen uns viele Ideen der Stadtplaner, die hier eine eigene kleine Welt mit 80.000 Bewohnern gebaut haben. Die Straßennamen sind allesamt weiblich, der Großteil der Seestadt ist Fußgängerzone, sehr durchdacht begrünt, die meisten Wohnungen haben einen Balkon und in fast jedem Innenhof gibt es einen Spielplatz. Man merkt sofort, Kinder haben in der Seestadt viel Spaß. 

 

Die Lokale

Lokaltechnisch haben wir nichts erwartet und wurden durchwegs positiv überrascht. Natürlich wirken auch die Lokale in der Seestadt ein wenig konstruiert und wir sind uns nicht ganz sicher, ob die freundlichen Mitarbeiter nicht eigentlich Roboter sind, vielleicht haben wir aber auch nur zu viel „Westworld“ geschaut.

 

Leo

Noch keine Bäckerei-Kette hat sich bislang in die Seestadt gewagt und so stammt der sympathische Seestadtbäcker aus Horn in Niederösterreich. Hier können sich die Bewohner mit Brot und Torten eindecken, entspannt frühstücken, selbstgemachte Limos trinken oder auch Mittagessen. So werden die dick belegten Flammkuchen zu niederösterreichischen Preisen ganz frisch zubereiten und kommen nicht aus der Tiefkühltruhe.

 

Portobello

Maria-Tusch-Straße 14, 1220 Wien

Zum Aperitivo bei Antipasti und Campari trifft man sich dann beim schicken Italiener. Der bietet neben vorzüglichen Desserts, auch gute Pizzen ab 8,60 Euro, Pasta, Fisch und Fleischgerichte. Im Sommer sitzt man auf der Terrasse am Piazza neben dem Stadtpark.

Und nein, wie in Italien fühlt man sich in der Seestadt vermutlich auch im Sommer nicht, aber wie in einer sehr netten österreichischen Kleinstadt mit einer U-Bahn-Verbindung nach Wien. Und das ist doch schon mehr als der Speckgürtel zu bieten hat.

 

Wenn du noch weiter gen Osten fährst, landest du in Bratislava. Hier eine Entscheidungshilfe für die besten Städtetrips von Budapest bis Prag. 

 

Fotos: Ingo Kummer

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