Wir haben mit Gilles Reuter, Inhaber der Bar "Die Parfümerie", über seinen nichtlinearen Lebenslauf, Bar-Charaktere und intime Momente vor und nach der Sperrstunde geredet. Und darüber, warum Barkeeper*in nicht nur ein wahnsinnig cooler Job ist, sondern auch karrieretechnisch eine gute Wahl ist. 

„Mach die Nacht zu deinem Beruf“ ist eine Job-Initiative von Schweppes & MIXOLOGY, die mit einer Reihe von Maßnahmen Bars nach der Pandemie bei der Personalsuche unterstützt. Im Rahmen dieser Initiative kommen Akteur*innen aus der Szene zu Wort und erzählen von ihrem Alltag hinter der Bar - so wie Gilles, den wir im Zuge von „Mach die Nacht zu deinem Beruf“ interviewt haben. 

 

Goodnight.at: Wie war dein beruflicher Werdegang? 

Gilles Reuter: Ich habe in Innsbruck studiert, Bildungswissenschaften und Politik - und habe nebenbei als Türsteher und Bodyguard gearbeitet. Zur Bar bin ich gekommen, weil ich an der Tür vom Club "Tante Emma" gearbeitet habe und irgendwann die Getränke dort aufpeppen wollte. Dann hab ich manchmal an der Bar dort ausgeholfen.

Nach meinem Bachelorabschluss bin ich nach Wien gezogen, um den Master zu machen. Später hab ich in der Sozialarbeit gejobbt und nebenher aus Spaß mit Freund*innen ab und zu Catering gemacht. Das fing mit einer Gin Tonic Infusion an und hat uns dann fast um die ganze Welt gebracht (lacht). Dann wurde die Bar unter unserer Wohnung in der Neustiftgasse frei, die haben wir übernommen. Mittlerweile sind wir umgezogen und habe jetzt hier in der Hermanngasse die neue Parfümerie eröffnet. 

 

Wie sieht (d)ein Alltag in der Bar aus?

Mein Arbeitstag in den Lokalen fängt um sieben/acht Uhr in der Früh an, das Letzte der Lokale sperrt um drei Uhr zu. Für die Bartender*innen fängts um 17 Uhr an und um 3 Uhr sind die raus. Man kann als Barkeeper*in eigentlich viel schlafen - das kommt halt drauf an, was die eigenen Verpflichtungen in der Früh so sind. Ich habe zwei Kinder, aber auch das ist schaffbar, man muss sich halt arrangieren (lacht). 

 

Wie wird man am besten Bartender*in? 

Das geht im Prinzip auch ohne Ausbildung - aber eine Ausbildung zum/zur Bartender*in hilft  - dafür gibt's auch Barschulen in Wien. Man muss zwei Sachen mitbringen: das eine ist das Interesse an Cocktails und Spirituosen und das andere ist, in einer Bar arbeiten zu wollen. Man muss Spaß daran haben mit Menschen zu arbeiten, sonst ist man nicht richtig in diesem Job. 

 

Was würdest du an Personen richten, die sich für den Job interessieren, aber unsicher sind? 

Ich glaub ich würd gerne die Angst vor dem Job nehmen - im Grunde ist es ein Job, wie jeder andere und vor allem hat man extreme Chancen auch aufzusteigen. Es gibt keine Attitude - man schüttet A zu B, damit das Outcome dann jemand in sich reinschüttet. Der Drink ist natürlich wichtig, aber es geht darum dass die Leute einen guten Abend haben, dann hat man auch selbst Spaß. Und mit dem Job kann man überall auf der Welt arbeiten.

 

Ist es schwierig nicht immer mitzutrinken? 

Nein gar nicht- man braucht halt Disziplin - wie bei allem Anderen auch. Man kann halt nicht mit jedem*r trinken, Leute, die in der Bank arbeiten, können ja auch nicht mit jedem*r saufen (lacht). Natürlich verleitet der Arbeitsplatz Bar mehr als es vielleicht in einem 9 to 5 Job passiert. Und klar, es gibt auch Nächte, in denen man versumpert - aber das geht einfach auf Dauer nicht. 

 

Wie sind momentan die Arbeitsbedingungen in der Gastro?

Ich kenn keinen Betrieb mehr in der Gastro, der seine Leute unfair anstellt. Vor 10 Jahren war das anders - das gab's mieses Gehalt - da hatte ich meinen ersten Managerjob - ich hab 70h die Woche gearbeitet, teilweise auch mehr. Aber jede*r der/die nicht fair angestellt wird, kann zur Arbeiterkammer gehen und gewinnt dann auch. 
Und wenn man den Job gut macht kommt man mit dem Trinkgeld auch auf ein gutes Gehalt. Aber das ist halt immer damit verbunden, wie man mit den Gästen umgeht, das hat man selbst in der Hand - meistens. 

 

Wie schauts aus mit der Work-Life-Balance? 

Also auch das hat man selbst in der Hand - der Job ist vielleicht ein bisschen stressiger als andere - aber im Grunde, wenn man nicht jedes Mal versumpert, ist es nicht viel anderes als bei anderen Jobs. Und irgendwann steht man nicht mehr selbst hinter der Bar, sondern steigt auf ins Management und dann schauts ja nochmal anders aus. Ich empfehle halt einen Ausgleich neben der Gastro - ein Hobby, oder einen Sport, um den Kopf freizubekommen. 

 

Was war dein lustigstes Erlebnis im Business? 

Ich hab mal für Rammstein das Catering gemacht - da mussten wir echt katastrophale Drinks machen (lacht). Statt 50 stürmten dann 250 Leute rein und auf einmal stand Thomas Gottschalk vor mir. Und er war eins zu eins wie im Fernsehen. Außerdem haben wir die ein oder andere dirty Geschichte über die Jahre in unserer Bar mitbekommen. Es passieren schon lustige und intensive Sachen - vor allem auch oft nach der Sperrstunde (lacht). 

 

Was ist dein Lieblingsdrink?

Am liebsten ein Bier - oder eine Spirituose pur. 

 Hier finden sich freie Jobstellen in Wien, sowie ganz viele Infos, wie man Bartender wird!

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