Der neue Intendant Tomas Zierhofer-Kin hat das Konzept der altehrwürdigen Wiener Festwochen, immerhin eines der größten (Musik-)Theaterfestivals der Welt, einmal ordentlich durchgeschüttelt und nicht mehr viel von den Eckpfeilern der gutbürgerlichen Unterhaltung übergelassen: Statt klassischer Konzerte gibt es nun etwa mit Hyperreality ein viertägiges Festival-im-Festival in einem Renaissance-Schloss in Simmering, das sich der Clubkultur abseits von Genregrenzen widmet und für das du dir am besten schon mal deinen Kalender freischaufeln solltest. 

 

Favoriten statt Burgtheater 

Eine weitere Neuerung ist die Etablierung des Performeums als zentrale Spielstätte - neben jenen altbewährten Venues wie dem MQ, dem Volkstheater oder dem Theater an der Wien.

In den großen düsteren Hallen des ehemaligen Instrustriegeländes, auf dem früher Lokomotiven zusammengeschraubt wurden, erwartet die geneigten Besucher fast rund um die Uhr Programm Diskussionen, Performances, Ausstellungen und Parties.

Derzeit wartet in dem pittoresk hinter einer Tankstelle unweit des Hauptbahnhofes gelegenen Geländes ein aufblasbares Iglu-artiges Zelt auf seinen Einsatz. Dieses wird während der Festwochen unter dem Titel "Hamamness" zu einem diskursiven türkischen Dampfbad, in dem zu Themen wie Queerness oder Melancholie bei 45 Grad hitzig diskutiert wird. (Badehose einpacken!) 

  

Hamamness ist zudem Teil der - neben Hyperreality und Performeum - dritten großen Säule der diesjährigen Festwochen, der Akademie des Verlernens. Bei meist freiem Eintritt kannst du hier weltberühmten Philosophen wie Slavoj Zizek zuhören, oder Seminare zur kulturellen und feministischen Relevanz von Beyoncé besuchen. 

 

Und was soll man sich jetzt genau anschauen?

Der heißeste Tipp diese Saison ist es, sich ins Performeum zu begeben und ins Geschehen fallen zu lassen. Das komplexe Programm erkundet man am besten "on the go" oder danach welcher der beschreibenden Hashtags (eine weitere sehr willkommene Neuerung!) einen am meisten anspricht. Hier trotzdem drei Empfehlungen:

 

Ishvara

Die Eröffnungsproduktion wird von Tianzhou Chen gestaltet - dessen eklektischer Stil dir hoffentlich schon im Header-Bild ins Auge gestochen ist. Der junge chinesische Künstler lässt aus seiner Leidenschaft für alles von South Park bis zu hinduistische Epen schrill-bunte Drogenrausch-Spektakel entstehen, die nur noch sehr entfernt mit dem zu tun haben, was du dir unter "Theater" vorstellst. Und das ist auch gut so - oder in den Worten des Festwochen-Programms: #PekingEnteOnCrack

Wann & Wo? 

Halle E im MQ, 13.-15. Mai, weitere Infos hier

 

Les Robots ne conaissent pas les Blues 

Es gibt wenig, an dem man sich festhalten kann im aktuellen Programm - aber von Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" hat wohl jeder schon einmal gehört. In "Les Robots" wagen der Opernregisseur Benedikt Peter und die Performance-Größen Gintersdorfer/Klaßen sich an eine postkoloniale Interpretation der "Türkenoper" mit Happy End unter den Schlagworten #DiskursOper #LoveIsABourgeoiseConstruct und #DekolonialistGenial

Wann & Wo? 

Halle E im MQ, 26.-28. Mai, weitere Infos hier

 

House of Realness

Das House of Realness im Performeum ist eine temporäre Kultstätte, die Gründer und Kurator Ben Pryor als Reaktion auf die Wahl Trumps und den weltweiten Auftrieb nationalistischer Bewegungen. Hier tanzen die Stars der vielschichten New Yorker Performance-Szene die Realität einfach weg. Das House of Realness öffnet täglich mehrere Stunden seine Pforten und wird jeweils mit unterschiedlichem Programm bespielt. #GlamouroeserWiderstand #PussyGrabsBack

Wann & Wo? 

Performeum Halle 4, 18.-21. Mai, weitere Infos hier.  

 

Tickets sind für Studierende unter 27 übrigens um ca. 30 Prozent verbilligt. Außerdem gibt es eine Stunde vor Vorstellungsbeginn jeweils Restkarten um 9 bzw. 13 Euro direkt an der Abendkassa. 

 Header- und Einleitungsbild: Ishvara (c) Zhang Yan

 

 

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