Ob Vegetarier, Veganer oder einfach nur Laktose-Intoleranzler - heute kann man als Anhänger jeglicher Ernährungs- und Allergiephilosophie auf das Verständnis seiner Mitmenschen hoffen. Ende des 19. Jahrhunderts war das etwas anders. Schon als Vegetarier hatte man es nicht besonders leicht. Als Fruktarier mit einem Faible für Heilerde und Freikörperkult konnte man eigentlich gleich auswandern. Und genau das machte der Deutsche August Engelhardt 1902 auch, dessen Geschichte dieser Tage im Schauspielhaus Wien erzählt wird. "Imperium" heißt das schräg-unheimliche Buch von Christian Kracht das dem Schauspielhaus-Ensemble unter der Regie von Jan-Christoph Gockel als Vorlage dient. 

Einsamer Ritter der göttlichen Kokosnuss

Die schöne Balustrade des ehemaligen Kinos in der Porzellangasse ist mit Stroh verkleidet und darunter – denn seit der neuen  Intendanz unter Thomas Schweigen sitzt man dort wo früher die Bühne war – wird munter musiziert, gespielt und gelesen. Und der Kokosnuss gehuldigt. Denn August Engelhardt wandert ans Ende der Welt in eine der raren deutschen Kolonien nach Neupommern aus, um dort eine Kokosnussplantage aufzuziehen. Und seine krude Theorie von der Kokosnuss als Gottes eingeborener Frucht auf der winzigen Insel Kabakon in die Wirklichkeit umzusetzen. Strikte Kokosnussdiät inklusive.

Mangelnde Teamfähigkeit trotz Yoga

Als sich zahlreiche Bewunderer aus Europa der Gruppe anschließen wollen, beginnen jedoch die Probleme. Teamfähigkeit gehört nämlich nicht zu den Kernkompetenzen des Kokovoren. Und da beginnt der Spaß für den Zuseher. Den Kampf um den Lebenstraum setzen die fünf Männer auf der Bühne (Simon Bauer, Steffen Link, Sebastian Schindegger, Jacob Suske und Oliver Mathias Kratochwill) sehr kurzweilig, wagemutig und mit übervollem Körpereinsatz (Nacktyoga!) um. Mithilfe von Richard Wagner und Reinhard Fendrich (die Mischung machts!) wird die sich immer mehr zuspitzende Situation untermalt.

Doch lieber ein Schnitzel

Dazwischen wird gelesen und mit dem Publikum gescherzt. Captain´s Dinner auf der Bühne inclusive. Am Ende hat man den Bauch voller Kokosnüsse und ist um ein paar jugendliche Flausen erleichtert. Das mit der Insel-Kommune ist halt doch nicht so romantisch – wenn man auf die Unversehrheit seiner Schädeldecke wert legt. Und das Zusammenleben mit vermeintlich gleichgesinnten Menschen entpuppt sich doch immer wieder als die Quadratur des Kreises - ob in Neupommern oder im Waldviertel.  Denn zwischen Individualität und Irrsinn liegt eben manchmal nur eine Kokosnuss. Darauf jetzt ein Schnitzel!

 

"Imperium" ist wieder ab 25. Juni am Schauspielhaus zu sehen!

Und wie du trotz leerer Geldbörse ins Theater kommst, erfährst du hier

 Einleitungs- und Headerbild: Imperium, (c) Matthias Heschl für das Schauspielhaus Wien

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