Am See herumliegen, schön und gut, aber irgendwann mal ist´s auch genug und das Hirn will wieder mit andere Eindrücken abgesehen von Sonnenmilch-Geruch gefüllt werden. Den Nebennutzen dieser Abendbeschäftigung sollte man nicht unterschätzen: Der erzwungene Smart-Phone-Detox (Ja!, jeder sieht es, wenn du ganz unauffällig dein Handy in der Tasche checkst - also versuch es gar nicht erst) ist nicht nur gut für den Akku, sondern auch für Konzentration und Aufnahmevermögen - die besten Ideen kommen einem immer in den dunklen heiligen Hallen des Theaters, schwöre!
Volkstheater
Am 1. Oktober feiert "Der Menschenfeind" in der Regie des jungen Felix Hafner Premiere. Der Absolvent des Reinhardt-Seminars sorgte letztes Jahr mit seiner Arbeit "Isabelle H. - geopfert wird immer" in der Nebenspielstätte "Volx/Margareten" für Furore und inszeniert nun erstmals im Haupthaus. Molières Komödie "Der Menschenfeind" hat zwar schon an die 360 Jahre am Buckel, tragischerweise beschäftigen die verhandelten Themen die Menschheit noch immer: Es geht um Missverständnisse, Standesdünkel und "Gutmenschen".
Es gibt derzeit viele bemerkenswerte SchauspielerInnen auf österreichischem Boden, aber Stefanie Reinsperger ist ein besonderes Phänomen. In jungen Jahren hat sie es schon zum ehrenwertesten Spitznamen gebracht, den man in Wien für besonders geliebte Darsteller hat: "Die Reinspergerin" kann man diese Saison unter anderem in "Das Narrenschiff" und "Nora3" sehen.
Besonders günstig kommst du mit einem U27-Abo ins Volkstheater. Genauere Infos findest du hier.
Muth
Justus Neumann hat es vor ein paar Jahrzehnten auf eine tasmanische Insel verschlagen - nun beehrt er zum allerletzten Mal seine Heimatstadt mit seinem traditionellen jährlichen Gastspiel. Ab 13. September kann man den Ausnahmeschaupieler und seinen melancholischen Slapstick-Humor in "Häuptling Abendwind - oder Kaufe Niere - zahle bar" sehen. In dem Stück beschäftigt er sich mit Texten Nestroys und vermischt diese mit seiner eigenen Biografie. Wien wird Sie vermissen, Herr Neumann!
Brut
Abgesehen, davon, dass das Brut derzeit die feierbarste visuelle Kommunikationsstrategie aller Wiener Kunstinstitutionen fährt, kann man hier auch spannende Projekte freier Theatergruppen aus aller Welt sehen. Ende September kommen zum Beispiel Rimini Protokoll in die Stadt. Die Berliner haben sich schon längst vom klassischen Konzepten des Bühnenraums gelöst und erkunden lieber gemeinsam mit ihrem Publikum die Stadt. Jede Vorstellung von "Hausbesuch Europa" wird man als Zuschauer Teil eines Gesellschaftsspiels in einer anderen Wiener Privatwohnung.
Verein Tempora
Foto: (c) Dina Lucia Weiss
Veronika Glatzner ist nicht nur Schauspielerin für Film und Fernsehen, sondern auch studierte Soziologin und erschließt mit Ihrem Verein Tempora die Leerbestände dieser Stadt. In ihrem neuen Projekt "K´s Frauen" widmet sie sich den Frauenfiguren aus Kafkas Romanen und bespielt ab 15. September eine renovierungsbedürftige Altbauwohnung in der Wollzeile. Um die musikalische Untermauerung kümmert sich der fantastische Berhard Fleischmann. Absolut Empfehlung!
Pro Vorstellung dürfen maximal zwanzig Personen in das Appartement - also besser schnell Karten sichern.
Schauspielhaus
Im Schauspielhaus ist laut einer Umfrage jeder zweite Besucher unter 30 - kein Wunder, wenn man bedenkt, dass letzte Saison mit dem begehbaren Labyrinth "Cellar Door" die perfekte Fusion aus Abenteuerspielplatz, Horrorshow und Technoparty im Programm war und so zum "Da musst du unbedingt hin - besser als Fortgehen"-Hotspot wurde. Anfang Dezember wird der Erschaffer von "Cellar Door", der Schwede Thomas Bo Nilsson, mit "Jinxxx" eine neue theatrale Installation präsentieren. Eröffnet wird die Saison von Intendant Tomas Schweigen am 29. September mit "Traum Perle Tod!" einer musikalischen Adaption des surrealistischen Schlüsselwerks "Die andere Seite" aus der Feder von Alfred Kubin.
TAG - Theater an der Gumpendorfer Straße
Beim internationalen Improvisationsfestival "MOMENT" kannst du für einen Abend Regisseur spielen, ohne jemals selbst einen Fuß ins Reinhardt-Seminar gesetzt zu haben. Bei den Improvisations-Shows die von 15. bis 20. September jeden Abend um 19 Uhr stattfinden, kommen die Anweisungen, Stichwörter und Spielorte aus dem Publikum - und die internationalen SchauspielerInnen müssen sehen, wie sie damit klar kommen. Die Sinnhaftigkeit steht dabei in der zweiten Reihe - Hauptsache ist, dass viel gelacht wird! Ab 6. Oktober widmet man sich mit "Nathan - Ein Ring ist ein Ring ist ein Ring" wieder einem Klassiker - der aber wie immer im TAG ordentlich durchgeschüttelt wird und nicht mehr viel gemeinsam mit der Version im verhassten knallgelben Reclam-Heftchen aus Schulzeiten zu tun hat.
Bühne, ja, aber nicht unbedingt ins Theater? Hier geht´s zu den Konzerttipps für den Herbst.
Headerbild: (c) Käthe Hager von Stroebele "Crisscross with Eva Stenram" - brut-Folderbild Sept/Okt.
Zur Fotografin: Käthe Hager von Strobele nimmt die Photographie zum Ausgangspunkt ihrer medienübergreifenden künstlerischen Praxis. Sie hat Philosophie an der Universität Wien und Bildende Kunst / Photographie an der Akademie der bildenden Künste Wien studiert und ist Senior Lecturer an der Kunstuniversität Linz.