Der Herbst ist die ultimative Jahreszeit für mehr Kunst und Kultur im Alltag. Das Wetter macht es einem leicht, sich vermehrt drinnen aufzuhalten, nach unzähligen Spritzer-Abenden im Sommer kann man sich auch mal wieder mit bisserl anspruchsvollem Abendprogramm beschäftigen und nach der Sommerpause bieten die Theaterhäuser in Wien wieder ein volles Programm, das durch Premieren, Uraufführungen und neue Veranstaltungsreihen überzeugt.

Auch das brut Wien bietet heuer wieder ein buntes Programm, wir haben es uns angeschaut und mit der Autorin und Theatermacherin Gerhild Steinbuch gesprochen. Das brut Wien steht für experimentelles und alternatives Theater und bietet ein breites Programm performativer Künste. Ein Aspekt, der brut in seiner künstlerischen Programmatik unter anderem dabei wichtig ist, ist es, einen Raum für politischen Diskurs zu schaffen und sich klar gegen populistische Tendenzen, wie sie in Europa in den letzten Jahren ja immer häufiger vorkommen, zu positionieren. Das spiegelt sich natürlich auch in der Arbeit der Theatermacher*innen wider, die derzeit im studio brut in der Zieglergasse und all den wechselnden temporären Spielstätten auftreten und arbeiten. 

Kunst ist immer politisch, ob sie will oder nicht

So ist es auch bei den Kollektiven “Freundliche Mitte” und “Nazis und Goldmund”, deren Projekten in der aktuellen Spielsaison im studio brut auf dem Programm stehen. Die Autorin Gerhild Steinbuch ist Gründungsmitglied dieser beiden Kollektive und möchte mit ihrer Arbeit, gemeinsam mit der Bühnenbildnerin Philine Rinnert und dem Wiener Musiker b.fleischmann neue Perspektiven und Sichtweisen auf bekannte Probleme eröffnen. Die Arbeit im Kollektiv ermöglicht für sie, dass nicht mehr nur eine Person und ihre Geschichte im Vordergrund steht, sondern durch das Zusammenbringen verschiedenster Expert*innen eine vielstimmige Geschichte entsteht.

Foto: (c) Franzi Kreis via brut

In der Uraufführung von ORATORIO EUROPA von “Freundliche Mitte” stehen deshalb auch sechs Frauen unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Backgrounds auf der Bühne. Die Theaterperformance, zu sehen von 8. bis 13. Oktober, knüpft an die Arbeit “Bergeins” an, damals ging es um rechte Politik in Österreich kurz nach der Angelobung der letzten Bundesregierung. In ORATORIO EUROPA wird der geografische Raum erweitert und es geht um die Vernetzung und Solidarität der Rechten Bewegungen in Europa und wie man damit umgehen kann.

Positionierung gegen Rechts als gemeinsamer Nenner

Bei der Veranstaltungsreihe Zukunft des Widerstands von “Nazis und Goldmund” geht es für das Kollektiv darum, aus dem virtuellen Raum ihres Blogs herauszutreten und miteinander und “in echt” ins Gespräch zu kommen. Bei sogenannten Interspeeches wird jeweils ein Gast aus dem künstlerischen und dem wissenschaftlichen Bereich eingeladen. Grundsätzlich geht es in jeder Folge um neue Themenfelder, aber alle Abende eint, dass es darum geht eine gemeinsame Praxis gegen Rechts zu finden. 

Beim nächsten Termin am 13. Oktober im studio brut (Zieglergasse) geht es um Erinnerung und wessen Erinnerung zählt oder als “Geschichte” Berechtigung hat und aus welcher Perspektive überhaupt Geschichte geschrieben wird. Dazu werden der Autor Senthuran Varatharajah und die Politikwissenschaftlerin Nikita Dhawan sprechen und diskutieren. 

Bei beiden Veranstaltungen handelt es sich um Koproduktionen mit dem brut und die Unterstützung und Förderung solcher Projekte dürfte für das Haus einen hohen Stellenwert haben. In der kommenden Saison möchte brut das Publikum jedenfalls dazu einladen, “die Perspektive zu wechseln und vorgefertigte Sichtweisen über Bord zu werfen.” Wer also Lust hat, sich abseits von Tageszeitungen und ZIB-Schauen mit Politik auseinanderzusetzen, sollte sich das vielfältige Programm im brut Wien genauer anschauen.

 

Während der Generalsanierung der Spielstätte im Künstlerhaus finden die Veranstaltungen des brut an verschiedensten Orten in Wien statt! 

Dieser Artikel ist in Kooperation mit brut Wien entstanden.

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