Die Bücher aus dieser Leseliste haben eines gemeinsam: Sie arbeiten österreichische Geschichte in unterschiedlichen Facetten und Weisen auf. Von der Habsburger*innen-Zeit, über zwei Weltkriege, bis in die zweite Republik. Was bleibt nach der 600 Jahre langen Regierungsperiode der Habsburger*innen und welche queere Liebesbeziehung führte Erzherzogin Marie Christine aus dem Hause Habsburg? Der erste Weltkrieg markiert das Ende des Reichs der Habsburger*innen, aber viele Zusammenhänge werden erst heute klarer. Wie war das Leben in den 1920er und 1930er-Jahren in Österreich und besonders in Wien? Wer ist Emilie Flöge, was musste Eva Kollisch erleben und was widerfuhr Franz Doms? Widerstand, Antisemitismus und Flucht vor den Nationalsozialist*innen. Eine Leseliste als Streifzug durch die österreichische Geschichte und Gegenwart.
Skandalöse Amouren im Hause Habsburg“ von Hanne Egghardt
Affären, geheime Liebschaften und wilde Leidenschaft. Die Autorin erzählt nach langer Recherche die Geschichten von sieben Liebesbeziehungen, die dem Haus der Habsburger*innen ein Dorn im Auge waren. Durch einen langen und intimen Briefwechsel stellte sich die Affäre zwischen Erzherzogin Marie Christine und Isabella von Parma heraus. Im geheimen heiratet Erzherzog Heinrich die Sängerin Leopoldine Hofmann, doch warum endete diese Liebschaft im Tod? Auch Erzherzog Johann Salvator war eine „Persona non grata“, denn er ließ der Liebe wegen das Haus Habsburg hinter sich und reiste mit seiner Ehefrau Milli Stubel nach Südamerika. Rückkehr kam nicht in Frage. Weitere Liebesabenteuer vom Hofe findet ihr in dem Buch von Hanne Egghardt.
100 x Österreich: Habsburg von Eva Demmerle
In diesem Buch bespricht die Historikerin Eva Demmerle 100 Fakten über die Welt der Habsburger*innen. Als eine der wichtigsten Dynastien prägte dieses König*innenhaus die europäische Landkarte. Geschichten über skurrile Kaiser*innen und König*innen, Schlösser, Gärten, Besitztümer und die Vermächtnisse der Habsburger*innen. Empfehlenswert für alle, die an der Monarchie und Geschichten vom Hofe interessiert sind. Was ist reiner Mythos und was ist faktisch belegbar? Zu dem Buch gibt es auch das passendende Quiz.
Die Hauptstadt des Sex von Michaela Lindinger
Pikant. Unzensiert. Lustvoll. So präsentiert sich das Buch der Publizistin und Politikwissenschaftlerin Michaela Lindinger. Schon früh zeigte sich die erotische Seite Wiens, im Untergrund und tief verborgen. Aber dann doch nicht so tief verborgen, als dass diese Schattenzeiten nicht ans Tageslicht gebracht werden konnten. In der Jahrhundertwende wurde der erste wienerische pornographische Roman „Josefine Mutzenbacher“ veröffentlicht. Ein riesen Skandal und Erfolg zugleich. Warum erlangten Wienerische Erotikfilme internationale Bekanntheit und welche zweideutigen Briefe lassen sich bei Kaiser*innen und Erzherzög*innen finden? Die Autorin nimmt uns auf die lustvollen Wege des Alten Wiens mit, was offenkundig wird ist die Doppelmoral der Gesellschaft. Scheint als wäre, diese bis heute nicht recht überwunden. Interessiert ihr euch für die erotischen Seiten Wiens der Gegenwart? Hier erfahrt ihr welchen kinky shit ihr in Wien erleben könnt.
Wien – Legende & Wirklichkeit von Ilsa Barea
Was macht Wien aus? Ist es die Kunst, die Kultur, die Architektur, die Atomsphäre, das bekannte Wiener Flair? Oder die Bewohner*innen der Stadt? Die Journalistin Ilsa Barea nimmt sich der beliebten Hauptstadt an und skizziert die Facetten und Zeitalter Wiens. Fesselnd und teilweise anekdotisch erzählt sie die spannenden Geschichten über Menschen in Wien, Kunst, Politik, Wissenschaft und Kultur. Viele bekannte Intellektuelle, Musiker*innen und Kunstschaffende erwachen durch den angenehm niederschwelligen Ton des Buchs zum Leben. Diese Zeitreise lohnt sich, denn sie ist umfassend, unterhaltsam und informativ.
Auf Freiheit zugeschnitten von Margret Greiner
Emilie Flöge war eine erfolgreiche Designerin und einflussreiche Unternehmerin. Warum findet sie aber oftmals nur erst im Zusammenhang mit dem Künstler Gustav Klimt Erwähnung? Höchstwahrscheinlich weil wir in einer patriarchalen Welt sozialisiert werden und dem Schaffen von Männern schon immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Aus diesem Grund gibt es Bücher wie dieses. Die visionäre Modeschöpferin betrieb mit ihren Schwestern den „Salon Flöge“ in Wien und trug wesentlich dazu bei, die Mode der Frauen zu revolutionieren und sie aus den Zwängen des Korsetts zu befreien. Sie lebte unverheiratet, ohne Kinder, selbstständig und unabhängig. Für Frauen der Jahrhundertwende ein sehr ungewohntes, besonders „ungewolltes“ Leben; fragt man die Gesellschaft. Aber die sollte im besten Fall nie in Fragen der persönlichen Lebensgestaltung einbezogen werden. Hier wird das Bild einer spannenden Frau gezeichnet, die wir alle kennen sollten.
Zirkus. Braunau: Ein österreichisch-europäisches Glamourstück für politisch schwierige Zeiten von Daniela Emminger
Braunau, die oberösterreichische Stadt in der Hitler geboren wurde, steht in diesem Roman beispielhaft für jede beliebige Stadt in Europa. Das politische Klima verändert sich schleichend, nun rasend, es ist rauer und rechter geworden. Die Autorin Daniela Emminger drückt tief in die stinkende Wunde, die sich als ein gesellschaftlich und politisch gespaltenes Europa präsentiert. In dem Roman unternimmt die Guerilla-Gorilla-Autorin eine pazifistische Reise nach Braunau, um die „Er = Endlösung“ herbeizuführen. Der Schnauzbartträger Harald, die Irreführer-Partei und der charismatische Blaue Reiter schalten sich ein. Gelingt es das Land von den Nazis zu befreien? Das müsst ihr schon selbst nachlesen.
Franz. Schwul unterm Hackenkreuz von Jürgen Pettinger
Franz Doms wurde aufgrund seiner sexuellen Orientierung während des NS-Regimes diskriminiert, verfolgt und ermordet. Er wurde nur 21 Jahre alt. Der Autor rekonstruiert den schrecklichen Leidensweg des jungen Manns, verarbeitet Gerichts- und Verhörakten und offenbart die Welt, in der Franz gelebt hat. Packend, lebendig und tragisch eröffnet sich hier im Schicksal des Einzelnen die Verfolgung aller homosexueller Menschen. Ein Stück österreichische Geschichte – gegen das Vergessen.
Der Boden unter meinen Füßen von Eva Kollisch
Der autobiografische Roman von Eva Kollisch verfolgt schonungs- und kompromisslos die eigenen Spuren und die der jüdischen Familie in den 1920er-Jahren in Wien. Adoleszenz in einer antisemitischen Welt, Anfeindung, Hass und Ausgrenzung. Der Boden unter den Füßen wird geraubt, es kommt zur Entwurzelung und zur Emigration nach England und in die USA. Der Wechsel der Erzählperspektive ermöglicht es die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln erlebbar zu machen. Was bleibt ist blankes Entsetzen.
Widerstand und Verrat von Hans Schafranek
Die Gestapo war die geheime Staatspolizei der Nationsozialist*innen, ihre Aufgabe war die systematische Bekämpfung und Verfolgung der politischen Gegner*innen des Nationsozialisums. Der Autor Hans Schafranek recherchierte jahrelang in diversen Archiven Europas. So wurde die immense Unterwanderung von antifaschistischen Untergrundbewegungen, die sich gegen das Regime positionierten, durch Spitzel der Gestapo aufgedeckt und in diesem Buch offengelegt. „Widerstand und Verrat“ bringt österreichische Geschichte ans Licht, die in dem Ausmaß, noch unbekannt war.
Johanna Dohnal und die Frauenpolitik der Zweiten Republik von Alxandra Weiss und Erika Thurner
Johanna Dohnal war Österreichs erste Frauenministerin, große Pionierin und Feministin. Sie machte sich stark für Frauen aller Klassen und kämpfte für eine Gesellschaft ohne Machtgefälle, Gewaltverhältnisse und Rollenzwänge. Dohnal erreichte beispielsweise 1989, dass eine Vergewaltigung in der Ehe denselben Strafbestimmungen unterliegt, wie jene außerhalb der Ehe. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine Vergewaltigung in der Ehe höchstens mit einem Jahr strafbar und war laut Paragraf 105 Nötigung. Während ihrer politischen Perioden stieß sie auf sehr viel Widerstand aus konservativen Reihen, aber auch aus den eigenen Parteikreisen. Dohnal setzte sich für Gleichberechtigung, Selbstbestimmung von Frauen* und mehr Frauen*rechte ein. Sie forderte Arbeitsverkürzungen (6-h-Tag) für alle, faire Quotenlösungen und eine bessere Zukunft für kommende Generationen. Johanna Dohnal war eine Ausnahmepolitikerin, mögen sich so einige der derzeitigen Politiker*innen ein Beispiel nehmen. Sehr empfehlenswert ist auch der Film von Sabine Derflinger „Die Dohnal“.
Kurz. Ein Regime von Peter Pilz
Sebastian Kurz ist seit kurzer Zeit zurückgetreten, besser gesagt nur zur Seite getreten. Aus dem „Bundesdaddy“ wurde eine „Ex-Bundesdaddy“, wie es der bekannte TikToker wurstaufschnitt sagen könnte. Das türkise Sittenbild ist spätestens seit den diversen Chatverläufen bekannt. Peter Pilz zeigt detailreich auf, wie der Weg an die Macht erst gelingen konnte. Ibiza-Affäre, Postenschacher, BVT-Skandal, Parteimitglieder, die zu Beschuldigten werden. „Kurz. Ein Regime“ ist die Enthüllung eines zutiefst verstörenden Machtspiels in der Politik. Wer verliert und wer gewinnt?
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